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Über das Elend der Nachmittags“betreuung“: Kränkende und krank-machende Verhältnisse

[via, 9.März 2015]

Über die Situation der schulischen Nachmittagsbetreuung!

Sehr geehrte Leserinnen und Leser!

Wir fragen uns, welchen Stellenwert Kinder in unserer Gesellschaft haben.

Wir sind zwei Pädagoginnen und konnten bereits einige Erfahrungen im Kinderbetreuungsbereich sammeln. Besonders die Situation in den schulischen Nachmittagsbetreuungen finden wir sehr bedenklich, wenn nicht gar alarmierend.

Es gibt viele Faktoren, die diesen Bereich zu einem Kinder-und arbeitsunfreundlichen Umfeld machen.

In manchen Einrichtungen stehen für die Nachmittagsbetreuung lediglich zwei Räume im Keller zur Verfügung, in denen alle Kinder gemeinsam “betreut” werden sollen. Stellen Sie sich dieses Bild einmal vor: 70 Kinder in einem Raum, schreiende BetreuerInnen, aggressives Verhalten der Kinder und ein Lärmpegel, der ohrenbetäubend ist.

Wir müssen Ihnen sagen, so haben wir uns unsere Tätigkeit als Pädagoginnen nicht vorgestellt. Uns erscheinen in diesem Rahmen weder die Rechte der Kinder, noch die der ArbeitnehmerInnen gewahrt.

Möglicherweise ist ihr Kind/ihr Enkel ganze 20 Stunden in der Woche in der Nachmittagsbetreuung – das sind im Schuljahr ca. 38 Wochen, sprich 400 Stunden. Wir würden den Kindern wünschen, sie könnten etwas anderes als dieses oben beschriebene Bild erleben.

Weiters gibt es neben schlecht angepassten Räumlichkeiten einen sehr niedrigen Betreuungsschlüssel, Unterbezahlung und gänzliche Perspektivenlosigkeit in der pädagogischen Arbeit. Selbst wenn man die beste Pädagogin/ der beste Pädagoge der Welt ist, ist es in diesem System unmöglich adäquat und individuell auf die Kinder einzugehen. Das Gleiche gilt auch für die Schulklassen am Vormittag – zu viele Kinder in einer Klasse und dadurch kann eine Lehrperson kaum individuell auf die SchülerInnen eingehen.

Die Folgen solcher Stresssituationen sind Störungen des Sozialverhaltens, Suchterkrankungen, Aggressionen, Depressionen, Essstörungen und zu guter Letzt kriminelles Handeln.

Wer wundert sich da noch über dieses Verhalten oder das zunehmende Auftreten dieser Krankheitsbilder?

Kinder kommen nicht aggressiv, depressiv und kriminell auf die Welt. Sie werden so im Laufe der Zeit erzogen. Wer würde nicht aggressiv werden, wenn es in einem Raum so laut und turbulent zu geht?

Jetzt mal ernsthaft, würden Sie ihre Kinder/ihre Enkel gerne so betreut wissen? Es betrifft uns im Grunde alle, denn unsere Kinder sind unsere Zukunft.

Der Respekt und die Würde jedes Kindes gehen so verloren – wie können Kinder sozialen, respektvollen und achtsamen Umgang lernen, wenn wir ihnen aus Zeitmangel und Druck keinen entgegen bringen. Wenn ein Kind angeschrien wird, hat es meist etwas mit Überforderung zu tun. Kinder anzuschreien ist menschenunwürdig und ein absolut respektloses Verhalten.

Dieser Brief ist dazu da, um Sie und vor allem alle PolitikerInnen aufzurütteln und um ehrlich zu sagen, dass es unerlässlich ist, dass diesem Bereich – den Kindern und der schulischen Nachmittagsbetreuung in Graz – mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird. Unsere Gesellschaft braucht mehr als materiell erfolgreiche Aufsteiger aus Privatschulen. Was wir wirklich brauchen sind Begehungen und Kontrollen in Institutionen von außenstehenden Gutachtern, die die Aufgabe haben, sicher zu stellen, dass gesetzliche Auflagen, sowie die Rechte der Kinder und ArbeitnehmerInnen gewahrt werden.

Ohne Kinder gibt es keine Zukunft und wir wünschen uns glückliche Kinder für diese Stadt.

Der Aufruf ist an alle gerichtet. Setzt euch ein – für eure Kinder und nehmt sie ernst! Nur gemeinsam können wir diese Situation verändern.

Ganz Anonym – das Standpunkte Team

 

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